... newer stories
Mittwoch, 20. September 2006
GNR, portugiesisches Fernsehen, etc.
jcornelius, 18:42h
Heiho,
am letzten Sonntag haben wir - das heisst meine Gastfamilie und ich - einen Ausflug ins von Netos aus gesehen noerdlich gelegene Mira. Dort fand ein Treffen der Mitarbeiter der Guarda Nacional Republicana statt. Mein Gastvater Vitor ist naemlich nicht nur einfach Polizist, sondern Mitglied eben dieser Gendarmerie. Die Wikipedia schreibt dazu
Zuständig außerhalb großer Städte, für den Grenzschutz, Zollangelegenheiten und Verkehrskontrollen auf Autobahnen. Die Guardia Nacional Republicana beschützt auch Regierungsgebäude, stellt Ehrenformationen bei Staatsbesuchen und verfügt über ein Reserveinfantrieregiment.
Vitor ist jedoch nicht mehr im aktiven Dienst, sondern in irgendeiner anderen Abteilung, was weiss ich ;) Jedenfalls trafen sich in Mira ein Teil der Mitarbeiter der GNR von Coimbra, um ein Nachmittag zu verbringen. Einen Nachmittag verbringen bedeutet essen, essen, essen und natuerlich trinken (vorzugsweise Wein). Nun gut, das war eigentlich sterbenslangweilig, da ich mit kaum einem reden konnte und als ein paar erfahren haben, dass ich aus Deutschland komme, kam natuerlich gleich ein "Heil Hitler!" - nun ja.
Ein Vorteil hatte dieser Sonntag dennoch: Da es den Damen auf dieser Veranstaltung aehnlich wie mir ging, d.h. sie langweilten sich, gingen die Damen und ich in ein Café - hier auch Esplanada genannt - Kaffee trinken. Danach haben wir noch einen Abstecher zum Strand gemacht. Dort durfte ich nun endlich den Ozean nicht nur sehen, wie ich es zB vom Flugzeug aus getan habe, sondern auch fuehlen. Riesige Wellen und den Salzgeruch.. ich hoffe, es ist verstaendlich, wenn man hier etwas schwaermt.
Nunja, und was macht eine portugiesische Familie sonst den Tag lang? Ja, natuerlich, fernsehen. Soweit ich das sagen darf/kann, steht in nahezu jedem portugiesischem Haushalt mindestens ein Fernsehgeraet, meistens sogar noch mehr, zum Beispiel im Schlafzimmer, etc. Und es wird sehr oft ferngesehen, wirklich oft. Beispielsweise ist es ueblich, dass auch beim Abendessen nebenher der Fernseher laueft, fuer mich aus Deutschland kommen sehr neu (auch wenn ich das schonmal in Spanien erlebt habe). Zumindest in meiner Familie ist es nicht hoeflich waehrend des Essen fernzusehen, sonst gibt es ja kein "Tischgespraech". Nebenbei kann ich sowieso nicht verstehen, wieso hier sooviel Fernsehen geschaut wird, bei der kleinen Programmauswahl. Mit einer normalen Antenne kann man folgende Kanaele empfangen:
* RTP1 (Rádio e Televisão de Portugal) - Hauptsender von RTP mit allerlei komischen Sendungen, Shows, etc. Natuerlich auch mit Nachrichten
* "2" (as dois) - soweit ich das sehen kann, auch ein offentlich-rechtlicher Sender. Nach meiner Ansicht ist das der intellektuellste Sender. Hier laufen sehr viele Dokumentationen aber auch "serioese" Diskussionsrunden à la Presseclub.
* SIC - m.E. ein Privatsender. Teilweise sehr kitschig und auf "modern" getrimmt, verkommt aber genau ins Gegenteil. Auf SIC laufen natuerlich auch die bekanntesten Telenovelas.
* TVI - gilt als absoluter Prollsender und ist auch der schlechteste Fernsehkanal Portugals.
Und natuerlich werden vor allem die beruechtigten Telenovelas gesehen. Sehr bekannt sich unter anderem die aktuellen Serien "Floribella" und "Morangos com açúcar". Erstere richtet sich eher an aeltere Fernsehzuschauer, d.h. ue. 20. Hauptcharakter ist das Maedchen Floribella. Darumherum gibt es zahlreiche weitere Personen, sowohl gute als auch, und das vor allem, schlechte. Jeder hegt gegen jeden Intrigen aus, etc. - wie halt Telenovelas so sind. Das passende Song-Album ist derzeit auf Platz 1 der portugiesischen Charts. Btw: In der Serie kommt auch eine rothaarige, aeltere Frau vor, die (in der Serie) aus Deutschland kommt, was sich vor allem in ihrem (norddeutschen) Akzent zeigt. Wie man Portugiesisch mit norddeutschem Akzent spricht? Ganz einfach, man kann das "r" einfach nicht rollen, was aber besonders im Portugiesischen (aber auch zB im Litauischen) sehr wichtig ist. Das gleiche Problem habe ich uebrigens auch ;) "Morangos com açúcar" (uebersetzt Erdbeeren mit Zucker) ist besonders beim juengeren Publikum beliebt. Die Serie selbst habe ich noch nicht ganz verstanden, was vor allem wohl daran liegt, dass ich sowas ungern schaue. Meine Gastschwestter Milene sagte mir auch, dass "meine" Generation in Portugal auch die "Erdbeeren-mit-Zucker-Generation" genannt wird, weil diese eben jene Sendung sehr oft schauen wuerden. In der Serie kommen auch derzeit in Portugal populaere Bands vor - die einzige, die ich mir gemerkt habe, ist "d'zrt" (sprich: deesaert). So, das wars von der fernsehtechnischen Front aus.
Der Schulalltag laueft nun ganz gewohnt habe. Ich freue mich derzeit immer wieder, wenn mich (mir) fremde Personen ansprechen oder einfach nur "bom dia!" sagen und mich anlaecheln, weil sie wissen "Achja, das ist der Deutsche". Seit Mittwoch habe ich nun von der Schule aus eine Lehrerin fuer Extra-Portugiesisch-Stunden erhalten. Mit dem "Unterricht" haben wir auch gleich angefangen, der vor allem darin bestand, Saetze und Wendungen zu ueben, die ich fuer den alltaeglichen Bedarf brauche. D.h. wir sind zum Beispiel zum Schreibwarenladen der Schule gegangen und ich habe Saetze wie "Wieviel kostet dieser Ordner? Und dieser Anspitzer?" geuebt, in der Schulcafeteria Bezeichnungen fuer Essen geuebt (um pão com queijo - ein Brot mit Kaese) und in der Schulbibliothek Situation des Buecherausleihens nachgespielt. Danach war ich extrem geschafft, besonders weil ich so viele neue Vokabeln gelernt habe. *uff* Mal sehen, was die naechsten Tage bringen. Bis bald und até breve --Cornelius
P.S.: Ich wurde des Oefteren nun nach meiner hiesigen Postadresse gefragt. Wer mir also was schicken will, bitte an folgende Adresse:
----
Jaan-Cornelius Kibelka
c/o Milene Ferreira
Travessa da Escola, nº 12, Netos
3090-448 Ferreira-a-Nova
Portugal
----
Aber wehe es kommen Briefe mit Milzbrand und Stinkbomben, etc.!
am letzten Sonntag haben wir - das heisst meine Gastfamilie und ich - einen Ausflug ins von Netos aus gesehen noerdlich gelegene Mira. Dort fand ein Treffen der Mitarbeiter der Guarda Nacional Republicana statt. Mein Gastvater Vitor ist naemlich nicht nur einfach Polizist, sondern Mitglied eben dieser Gendarmerie. Die Wikipedia schreibt dazu
Zuständig außerhalb großer Städte, für den Grenzschutz, Zollangelegenheiten und Verkehrskontrollen auf Autobahnen. Die Guardia Nacional Republicana beschützt auch Regierungsgebäude, stellt Ehrenformationen bei Staatsbesuchen und verfügt über ein Reserveinfantrieregiment.
Vitor ist jedoch nicht mehr im aktiven Dienst, sondern in irgendeiner anderen Abteilung, was weiss ich ;) Jedenfalls trafen sich in Mira ein Teil der Mitarbeiter der GNR von Coimbra, um ein Nachmittag zu verbringen. Einen Nachmittag verbringen bedeutet essen, essen, essen und natuerlich trinken (vorzugsweise Wein). Nun gut, das war eigentlich sterbenslangweilig, da ich mit kaum einem reden konnte und als ein paar erfahren haben, dass ich aus Deutschland komme, kam natuerlich gleich ein "Heil Hitler!" - nun ja.
Ein Vorteil hatte dieser Sonntag dennoch: Da es den Damen auf dieser Veranstaltung aehnlich wie mir ging, d.h. sie langweilten sich, gingen die Damen und ich in ein Café - hier auch Esplanada genannt - Kaffee trinken. Danach haben wir noch einen Abstecher zum Strand gemacht. Dort durfte ich nun endlich den Ozean nicht nur sehen, wie ich es zB vom Flugzeug aus getan habe, sondern auch fuehlen. Riesige Wellen und den Salzgeruch.. ich hoffe, es ist verstaendlich, wenn man hier etwas schwaermt.
Nunja, und was macht eine portugiesische Familie sonst den Tag lang? Ja, natuerlich, fernsehen. Soweit ich das sagen darf/kann, steht in nahezu jedem portugiesischem Haushalt mindestens ein Fernsehgeraet, meistens sogar noch mehr, zum Beispiel im Schlafzimmer, etc. Und es wird sehr oft ferngesehen, wirklich oft. Beispielsweise ist es ueblich, dass auch beim Abendessen nebenher der Fernseher laueft, fuer mich aus Deutschland kommen sehr neu (auch wenn ich das schonmal in Spanien erlebt habe). Zumindest in meiner Familie ist es nicht hoeflich waehrend des Essen fernzusehen, sonst gibt es ja kein "Tischgespraech". Nebenbei kann ich sowieso nicht verstehen, wieso hier sooviel Fernsehen geschaut wird, bei der kleinen Programmauswahl. Mit einer normalen Antenne kann man folgende Kanaele empfangen:
* RTP1 (Rádio e Televisão de Portugal) - Hauptsender von RTP mit allerlei komischen Sendungen, Shows, etc. Natuerlich auch mit Nachrichten
* "2" (as dois) - soweit ich das sehen kann, auch ein offentlich-rechtlicher Sender. Nach meiner Ansicht ist das der intellektuellste Sender. Hier laufen sehr viele Dokumentationen aber auch "serioese" Diskussionsrunden à la Presseclub.
* SIC - m.E. ein Privatsender. Teilweise sehr kitschig und auf "modern" getrimmt, verkommt aber genau ins Gegenteil. Auf SIC laufen natuerlich auch die bekanntesten Telenovelas.
* TVI - gilt als absoluter Prollsender und ist auch der schlechteste Fernsehkanal Portugals.
Und natuerlich werden vor allem die beruechtigten Telenovelas gesehen. Sehr bekannt sich unter anderem die aktuellen Serien "Floribella" und "Morangos com açúcar". Erstere richtet sich eher an aeltere Fernsehzuschauer, d.h. ue. 20. Hauptcharakter ist das Maedchen Floribella. Darumherum gibt es zahlreiche weitere Personen, sowohl gute als auch, und das vor allem, schlechte. Jeder hegt gegen jeden Intrigen aus, etc. - wie halt Telenovelas so sind. Das passende Song-Album ist derzeit auf Platz 1 der portugiesischen Charts. Btw: In der Serie kommt auch eine rothaarige, aeltere Frau vor, die (in der Serie) aus Deutschland kommt, was sich vor allem in ihrem (norddeutschen) Akzent zeigt. Wie man Portugiesisch mit norddeutschem Akzent spricht? Ganz einfach, man kann das "r" einfach nicht rollen, was aber besonders im Portugiesischen (aber auch zB im Litauischen) sehr wichtig ist. Das gleiche Problem habe ich uebrigens auch ;) "Morangos com açúcar" (uebersetzt Erdbeeren mit Zucker) ist besonders beim juengeren Publikum beliebt. Die Serie selbst habe ich noch nicht ganz verstanden, was vor allem wohl daran liegt, dass ich sowas ungern schaue. Meine Gastschwestter Milene sagte mir auch, dass "meine" Generation in Portugal auch die "Erdbeeren-mit-Zucker-Generation" genannt wird, weil diese eben jene Sendung sehr oft schauen wuerden. In der Serie kommen auch derzeit in Portugal populaere Bands vor - die einzige, die ich mir gemerkt habe, ist "d'zrt" (sprich: deesaert). So, das wars von der fernsehtechnischen Front aus.
Der Schulalltag laueft nun ganz gewohnt habe. Ich freue mich derzeit immer wieder, wenn mich (mir) fremde Personen ansprechen oder einfach nur "bom dia!" sagen und mich anlaecheln, weil sie wissen "Achja, das ist der Deutsche". Seit Mittwoch habe ich nun von der Schule aus eine Lehrerin fuer Extra-Portugiesisch-Stunden erhalten. Mit dem "Unterricht" haben wir auch gleich angefangen, der vor allem darin bestand, Saetze und Wendungen zu ueben, die ich fuer den alltaeglichen Bedarf brauche. D.h. wir sind zum Beispiel zum Schreibwarenladen der Schule gegangen und ich habe Saetze wie "Wieviel kostet dieser Ordner? Und dieser Anspitzer?" geuebt, in der Schulcafeteria Bezeichnungen fuer Essen geuebt (um pão com queijo - ein Brot mit Kaese) und in der Schulbibliothek Situation des Buecherausleihens nachgespielt. Danach war ich extrem geschafft, besonders weil ich so viele neue Vokabeln gelernt habe. *uff* Mal sehen, was die naechsten Tage bringen. Bis bald und até breve --Cornelius
P.S.: Ich wurde des Oefteren nun nach meiner hiesigen Postadresse gefragt. Wer mir also was schicken will, bitte an folgende Adresse:
----
Jaan-Cornelius Kibelka
c/o Milene Ferreira
Travessa da Escola, nº 12, Netos
3090-448 Ferreira-a-Nova
Portugal
----
Aber wehe es kommen Briefe mit Milzbrand und Stinkbomben, etc.!
... link (2 Kommentare) ... comment
... older stories