Mittwoch, 1. November 2006
Bahnhof, Bar und Tests...
Heute ist Feiertag in Portugal, es wird "festa dos os todos santos" gefeiert - in Deutschland ist das unter "Allerheiligen" bekannt. Fuer mich mal wieder etwas Neues, schliesslich gibt es im atheistischen Berlin keine christlichen Sonder-Feiertage wie Reformationstag oder Mariae Empfaegnis (abgesehen von Weihnachten, Pfingsten & Ostern).

Da ich mich in meinem kleinen Dorf nicht zu Tode langweilen will, mache ich jetzt immer ein paar kurze Fahrradtouren in die umliegenden Doerfer, mal so zum Kennenlernen. Ausserdem habe ich schon einiges Fotos fuer einen zukuenftigen Wikipediaartikel zu meiner Gemeinde gemacht. Haupsitz der Freguesia (sprich fregsia) Ferreira-a-Nova ist im gleichnamigen Kaff, das sogar kleiner als mein Dorf Netos ist. Meine Familie hat mir erklaert, Ferreira ist nur deshalb Gemeindesitz weil sie einen Marktplatz und eine Kirche haben. Eben diesen Kirche habe ich dann auch gleich mal fotografiert, fuer mich mal wieder untypisch, dass eine katholische Kirche nur am Sonntag offen ist - so muss ich wohl mal am Sonntag frueh aufstehen (in Berlin sind katholische Kirchen grunsaetzlich offen). Auf der Marktplatz stand dann noch der Bus, den ich jeden Tag zur Schule benutze, rum, sodass endlich mal in Ruhe fotografieren konnte.

Bei meinen weiteren Erkundungstouren habe ich natuerlich auch schon den ersten Bahnhof meiner Gemeinde entdeckt.Ich am Bahnhof Santana-Ferreira Der Bahnhof "Santana-Ferreira", der dem Namen nach fuer die Gemeinde Santana und Ferreira-a-Nova gedacht ist, ist jedoch nicht mehr als eine Atrappe bzw. besser gesagt ein Bahnhofsgebaeude, das komplett zu gemauert ist, aber dennoch schoen aussieht. Sogar das Toillettehaeuschen daneben sieht zwar aus wie ein "Retretes"-Haeuschen, die Zugaenge fuer Damen und Herren sind aber zugemauert. Dennoch ist der Bahnhof selbst wirklich nett anzusehen, immerhin eine staehlerne Bank ist vorhanden um auf einen der sage und schreibe sechs Zuege (bzw. drei in jede Richtung) zwischen Coimbra und Figueira da Foz pro Tag zu warten [1]. Und wenn ichs noch nicht erwaehnt habe, die Strecke ist selbstverstaendlich eingleisig und nicht elektrifiziert.

Derweil hat mich meine Portugiesischnachhilfelehrerin bereits ein wenig durch Figueira rumgefuehrt. Nun kenne ich mich schon ein wenig besser in dieser kleinen Stadt aus. Ausserdem hat sie mir das "Piqadeiro"-Viertel gezeigt, dort, wo alle Jugendlich Samstag rumlungern. Eben dieses Viertel habe ich dann erstmals am Samstag kennengelernt, ein Teil meiner Klasse hat mir die ueblichen Stammlokale des Piqadeiros gezeigt. Zuerst ging dann zum "Túnel", wo man sich antrinkt. Normalerweise tut man das dort mit Tequila (+Zitronenscheibe) oder Absinth - und natuerlich, ja, ich musste/wollte/konnte/durfte/sollte beides probieren (es ist besser als ich dachte..). Danach loeste komischerweise meine Gruppe irgendwie auf, die einen wollten nicht den urspruenlichen Plan nachgehen die Karaokenbar zu besuchen, die anderen knutschten irgendwo rum, die anderen waren schon zu voll.. Jedenfalls bin ich dann einfach mit meinem Gastbruder, der mit seinen Freunden in einer Bar sass, mitgegangen, wo es dann auch zur Karaokebar ging. Naja, portugiesische Lieder sind irgendwie ein wenig komisch ;)

Nun kenne ich noch einen anderen Aspekt von Figueira, die oertliche Bibliothek. Da meine Schulbibliothek vieeel zu klein ist und meinen hohen Berliner Anspruechen gar nicht genuegen kann, musste ich nun auch die "Biblioteca municipal" kennenlernen. Als erstes kam natuerlich die Anmeldung. Ich hatte pflichtgemaess Foto, Ausweis und - ja, klingt komisch - eine Telefonrechnung mit. Eine Rechnung von Gas, Telefon oder Strom gilt in Portugal als "Meldebescheid" (dass man auch wirklich hier wohn). Das darauffolgende Gespraech mit der Anmeldedame war nicht ganz so einfach, besonders weil sie 1. meinen Namen sehr komisch fand und zuerst falsch schrieb und 2. sie irgendwie meinen Personalausweis nicht verstand. Nun gut, es hat dann doch geklappt. Mein Resumee der Bibliothek: Sieht zwar schoen aus, hat auch etwas mehr Buecher als meine Schulbibliothek, hat jedoch kein U-Bahnbuecher, dafuer aber zwei Regale nur mit Buechern in galazisischer Sprache..

Noch ein letzer Punkt: Ich habe inzwischen wohl den Mathetest als auch die Argumentation im Fach Portugiesische Literatur zurueck. Waehrend ich im ersteren keine Note bekommen habe (es waere wohl eine 5 geworden), habe ich fuer letzeren ein "Bom" bekommen (komischerweise keine Note). Unter der Argumentation stand dann noch ein Kommentar der Lehrerin: „Jaan, gosto muito das tuas opiniões. Parabéns. És um jovem muito atento ao que se passe à tua volta“ zu deutsch „Jaan, ich mag deine Meinung(en). Glückwunsch. Du bist ein Jugendlicher, der sehr aufmerksam betreffend deine Umwelt und –umgebung ist.“ Das hat mir dann doch schon ein wenig geschmeichelt.

Viele Gruesse und até breve --Cornelius

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[1] Ich muss mich korrigieren. Dieser Bahnhof liegt an einer Nebenstrecke, die Zuege auf der Strecke Figueira-Pampilhosa-Coimbra. Auf der Hauptstrecke zwischen Figueira und Coimbra gibt es, wenn ich richtig gezaehlt habe, immerhin 17 Zuege pro Tag.

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Irgendwie werd ich den Verdacht nicht los, dass du wirklich ziemlich in der Pampa wohnst :)
Aber dein portugiesisch scheint sich ja sehr gut zu entwickeln, wenn schon die Literatur-Lehrerin so einen netten Kommentar drunterschreibt :)

Wo ich gerade hier auf der Seite den Link zu Google Maps sehe: damit hab ich die letzte Woche über auch etwas rumgespielt, schau mal hier: http://www.muenchnerubahn.de/netz/karte/

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