Mittwoch, 11. April 2007
Semana Santa und 2 Besuche
Olá,
tja, wenn meine Gastschwester a) nach Frankreich gefahren ist und b) ihren Laptop in Reparatur gegeben hat ist es c) leider sehr schwierig gewesen ins Internet zu kommen und erst recht einen neuen Blogbericht zu schreiben, deswegen hole ich das jetzt nach den Ferien nach.

Die férias da páscoa begannen erstmal mit einer gaehnen Langeweile, denn was soll man schon in Netos tun, wenn da nichts los ist? Also habe ich mir die Zeit vertrieben zu lernen, wie man Griessbrei auf dem Herd kocht. Dabei gab es jedoch ein Grundproblem: sémola de trigo, wie Weizengriess auf Portugiesisch heisst, ist in Portugal nahezu unbekannt. In den Supermaerkten gibt es zwar Maisgriess, aber den konnte ich ja nicht fuer Griessbrei benutzen. Nach einer Weile rumfragen in Figueira da Foz habe ich dann doch Griess im Bioladen gefunden, neben indischem Chili und anderen Gewuerzen.. Die Milch brannte beim Kochen dann zwar ein bisschen an und wahrscheinlich hatte ich zuwenig Milch verwendet, sodass der Brei etwas elástico wurde, aber ich fand ihn lecker. Das hinderte jedoch nicht meine Familie - oder eher meine Gastmutter - daran einen Entsetzensschrei auszustossen à la "Wie kannst du das nur essen? Das ist ja so plastikmaessig und hat gar kein Geschmack!!" Nun gut...

Da ich, wie geschrieben, den Anfang meiner Ferien langweilig fand, hatte ich ein Experiment versucht: Ich schrieb allen, die in Portugal sind, deren Nummer ich habe, Der Botanische Garten in Coimbradass die Ferien doch so langweilig seien und wartete auf die Antwort. Neben einigen Mitleidsbekunden schrieb mir auch Anna, eine deutsche Austauschschuelerin aus Porto, dass es ihr ebenso gebe. Darauf schlug sie vor, dass sie doch nach Coimbra kommen koennte und ich ihr die Stadt zeigen koennte. Genau das haben wir dann am Donnerstag in der ersten Woche gemacht. Ich habe wieder mal das alte Universitaetsgelaende gesehen (also Biblioteca Joanina, Capela São Miguel und der Doktorensaal), habe alte Kirchen gezeigt (Sé Velha [alter Bischofssitz] und Sé Nova [neuer Bischofssitz]) und die Gaerten (jardins) gezeigt. Ich rieche an einer BlumeZum ersten Mal habe ich auch die Gewaechshaeuser im Botanischen Garten in Coimbra besuchen koennen, die sonst immer verschlossen waren, sehr sehenswert! Dieses mal konnte ich auch nicht wiederstehen und habe mir endlich ein dunkelrotens T-Shirt mit dem Unilogo gekauft, ich muss ja schliesslich zeigen, dass ich die Biblioteca Joanina inzwischen nicht mehr sehen kann... Jedenfalls, Anna war sehr angetan von der Stadt aber doch enttaeuscht, dass sie - im Gegesatz zu Porto - doch recht klein ist. Das ist auch wahr, nach etwa 5 Stunden laufen hat man so ziemlich alles in Coimbra gesehen (wenn man solche Dinge wie das Chemiemuseum auslaesst). Blick von der Uni auf CoimbraDeswegen haben wir noch ein paar Buchhandlung besucht, um mal wieder festzustellen wie "armselig" der literarische Bestand portugiesischer Buchhandlung ist. Ich erwarte ja nun nicht viel, aber zumindest ein Buch von Astrid Lindgren, und so es nun Michel (den ich nicht mag) oder Pippi das Meias-Altas, kann man schon haben. Aber nein, in Portugal gibt es kein einziges Buch (mehr?) von Astrid Lindgren, doch enttaeuschend. Dennoch habe ich ein anderes schoenes Buch gefunden: Der Herr der Diebe, O Príncipe dos Ladrões, von Cornelia Funke. Immerhin etwas!

Nach diesem Besuch in Coimbra schlug mir meine Gastmutter am selben Abend vor bzw. fragte mich, wieso ich denn nicht mehr passeios unternehme. Das kam fuer mich dann voellig ueberraschend, denn normalerweise muss man (unabhaengige) Reisen zwei Wochen vor Antritt bei meiner Austauschorganisation anmelden, extrem buerokratisch. Nach diesem Vorschlag erfreut, rief ich in Lisboa bei meiner Freundin Lisa an, ob denn ein Nachtquartier zu haben sei. Nach einer positiven Antwort bin ich dann am Mittwoch der zweiten Woche auf abenteuerliche Weise per Zug nach Lisboa gefahren. Ich wollte naemlich wenigsten einmal ausprobieren, wie es denn ist per Regionalzug von Coimbra nach Lisboa zu fahren. Man muss zwar einmal in Entroncamento, eine mittelgrosse Stadt genau zwischen Coimbra und Lisboa, umsteigen und die Fahrt dauert so gute drei Stunden, dafuer ist es aber extrem billig (9,80 €) - kein Vergleich zum Alfa Pendular, der die Strecke zwar in 2 1/4 Stunden zuruecklegt, die Fahrkarte dann aber auch 16-20 € kostet. Jedenfalls in Lisboa angekommen, hiess dass, weil ich im Dezember nicht viel von Lisboa gesehen hatte, vor allem Sehenswuerdigkeiten abklappern. Lisa zeigte mir unter anderen das Castelo São Jorge, das niedliche aber ziemlich enge Stadtviertel Alfama (schoene Wohngegend), das Hauptgeschaeftsviertel zwischen Baixa und Chiado, das Ausgehviertel Bairro Alto, das zahlreiche tolle Laeden hat und wir sind mit dem Elevador Santa Justa (ein Vertikalaufzug zu einer kleinen Aussichtsplatform) gefahren. Auch mit Lisa habe ich - weiterhin auf der Suche nach portugiesischen Astrid-Lindgren-Buechern - mehere Buchlaeden abgeklappert, aber es scheint wohl immer unwahrscheinlicher, dass es Buecher dieser Autorin in (europaeischem) Portugiesisch gibt. Dafuer habe ich drei andere Buecher erworben, die ich bereits auf Deutsch gelesen hatte: A Biblioteca Mágica (Bibbi Bokkens Magische Bibliothek), História de uma Gaivota e do Gato que a Ensinou a Voar (Wie Kater Zorbas der kleinen Möwe das Fliegen beibrachte) und A Cidade dos Deuses Selvagens (Die Stadt der Wilden Goetter), immerhin eine reiche Ausbeute. Am Mittwoch Abend habe ich es auch noch geschafft wenigstens fuer zwei Stunden Lissaboner U-Bahnen zu fotografieren, das ich bisher nicht geschafft habe. Was mir dabei auffiel, dass es in Lissabon besonders viele Seitenbahnsteige gibt (also ein Bahnhof hat zwei schmale Bahnsteige fuer je eine Linienrichtung), dass die Zuege auch noch um 20-21 Uhr im 3-5 Minutentakt fahren und dass der kuenstlerische Aspekt bei der Metro Lisboa nicht zu verachten ist. Am Donnerstag habe ich noch den obligatorischen Besuch bei den Pastéis de Belém gemacht (kleine warme Kuechlein, deren Hauptbestandteil Ei ist; ist man mit Zimt und Puderzucker) und danach bin ich auch schon mit dem Zug zurueckgefahren. Bei der Ankunft sagte mir meine Gastmutter, dass sie es schade faende, wenn ich Portugal verlassen wuerde ohne das Ozeanarium in Lisboa zu sehen. Das heisst, ich werde mit Sicherheit nochmal nach Lisboa fahren...

Als letztes Ereignis in den Ferien stand Ostern an. Waehrend in Deutschland ja vorwiegen die Osterhasen von Haus zu Haus hoppeln, ist das Fest hier etwas christlicher. Zunaechst ist man hier Folar, ein trockenes, suesses Brot, das mit 12 (!) Eiern gebacken wird; meine Gastmutter konnte nicht wiederstehen und hat auch drei diese Kuchen gebacken (Eier gibt es hier genug...). Im Uebrigen wird die ganze Osterwoche hier Semana Santa genannt, also zu Deutsch "heilige Woche". Dementsprechend gibt es Quarta-feira Santa (heiliger Mittwoch, keine Entsprechung im Deutschen), Quinta-feira Santa (heiliger Donnerstag, in Deutschland Gruendonnerstag), Sexta-feira Santa (heiliger Freitag, in Deutschland Karfreitag) und dementsprechend bis Sonntag weiter... Feiertage sind hier nur der Freitag und der Sonntag, der darauffolgende Ostermontag wird hier als eine Art Samstag gehalten, die Geschaefte haben offen, aber wenige Leute arbeiten. Der Ostersonntag begann damit, dass meine Gastgrossmutter Pflanzen vor unsere Tuer streute; ich wusste noch gar nicht, was da passieren wuerde. Etwa um 17:00 gingen wir dann zum Haus Verwandter, wo der Weg zur Tuer ebenfalls mit Pflanzen/Blumen bestreut war. Dann kamen rot gekleidete Leute der oertliche Kirchgemeinde mit Weihwasser, einer Glocke und einem mit Blumen geschmueckten metallenem Kreuz. Darauf fanden sich zahlreiche Leute im Wohnzimmer unserer Verwandter ein und der Herr mit dem Kreuz ging an ihnen vorbei und alle kuessten (oder taten zumindest so als ob) das Kreuz. Das gleiche geschah noch weitere drei Mal (im Haus meiner Gastgrosstante, meiner Gastgrosseltern und im unseren Haus). Mir kam das eher vor wie ein Wettbewerb à la "Wer kuesst wieviel mal das Kreuz?", aber das sei so Tradition, etc., etc. Em final war das auch schon das portugiesische Ostern, mehr geschah nicht...

Derweil hat jetzt wieder die Schule angefangen, sechs Woche noch und dann habe ich vorfristige Ferien, da ich bekanntlich keine Examen mitmache. Und in zehn Wochen bin ich schon fast wieder in Deutschland... Beijinhos, ciao, ciaozão, até breve --Cornelius

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