Freitag, 13. Oktober 2006
Fatima, o Fatima
Mal ein kurzer Beitrag zwischendurch. Waehrend in Deutschland ein 13. Monatstag auf einem Freitag allgemein als Unglueck gewertet wird - oder glauben das zumindest die Aberglaeubischen - so ist es heute in Portugal eine Art Feiertag, auch wenn alle Laeden offen haben.

Wer ein aufmerksamer Autofahrer ist, oder zumindest Beifahrer, der hat es schon Tage davor gemerkt. Fatima selbst ist nicht weit weg von meinem Dorf entfernt und so sieht man aus dem Bus heraus die zahlreichen Pilger - "Peregrinos" genannt - die neben den Strassen in ihren orange-gelben Jaecken rumlaufen. Ueberall konnte man sie sehen.

Nun wurde die heilige Fatima-Feiern in Fatima heute gefeiert, an die 3000 Besucher aus allen Herren (katholischer) Laender sollen laut RTP dagewesen sein. Fatima Ja, wer weiss denn nun schon von Fatima bzw. was dort eigentlich gefeiert wird? Das wissen wohl nur Portugiesen, eingefleischte Katholiken oder Menschen mit hohem Allgemeinbildungsgrad. Ich habe erst in meinem Portugal-Fuehrer erfahren, was denn dort passiert ist. Nun kann ich das nicht so gut zusammenfassen, wie es die liebe Wikipedia tut, und gebe daher mal den entsprechenden Link an http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%A1tima Kurzum: Es erschien die Mutter Maria und hat (m.E.) drei Ereignisse in der Zukunft vorhergesagt. Da war was mit dem 2. Weltkrieg, Zerfall der Sowjetunion und nochetwas (siehe am besten hier http://de.wikipedia.org/wiki/Drei_Geheimnisse_von_F%C3%A1tima).

Jedenfalls fragte mich mein Gastvater, ob wir sowas nicht auch in Deutschland haetten. Da musste ich erstmal die Rivalitaeten zwischen Nord- und Sueddeutschland, besser gesagt zwischen Bayern und Preussen, aufklaeren. Dann kam noch ein Schwenk zu den Religionen. Ich hab gesagt, ich wuesste jetzt keine Heiligenerscheinung in einem deutschen Kaff, vergleichbar mit Fatima. Dabei habe ich es dann auch bewenden lassen.

Nun habe ich in der Wikipedia gesehen, dass es das bayerische Kaff Altötting gibt, wo es eine schwarze Madonna geben soll (http://de.wikipedia.org/wiki/Alt%C3%B6tting ). Wieder was gelernt!

Viele portugiesische Gruesse, bis bald und até breve --Cornelius

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 11. Oktober 2006
Grossraumdiskos und mein Counsellor
Aaah! Portugal geht gerade unter, weil die "heilige Selecção" das Qualifikationsspiel gegen Polen 0:2 verloren hat. Meine Gastmutter Carmen sprang bei jedem Foul, Tor, etc. auf - da konnte ich nur die Augen rollen. Jedenfalls ein Weltuntergang, aber m.E. - soweit ich das alles verstanden habe - kommt Portugal so oder so weiter, da Polen in der Gruppe irgendwie letzter oder vorletzter war. Nunja..

Am letzten Samstag habe ich eine weitere Facette des portugiesischen Nachtlebens kennengelernt. Die beste Freundin meiner Gastschwester veranstaltete in der Naeher von Aveiro eine Riesenparty in einer Disko. Seitdem kenne ich nun auch eine portugiesische Grossraumdisko. Mein Fazit: Extrem laut (achnee..), viele Menschen (..) und sehr schlechte Musik. Es gab gerade mal 3-4 Titel, die ich kannte (Love Generation, Shakira und Titellied der Telenovela Floribella). Alles andere war irgendwie brasilianische Sambamusik, die ich natuerlich noch nie gehoert hatte. Im Endeffekt habe ich dann bis 4 Uhr getanzt (also von 12 bis 4) - oder was auch immer bei mir tanzen nennen kann :)

Am Dienstag durfte ich nun das erste Mal alleine im Haus sein, da alle anderen irgendwie verhindert waren. Die Zeit habe ich natuerlich etwas fuers Internet genutzt und so meinen ersten Wikipedia-Artikel zu einem portugiesischen Thema geschrieben. Der Wikipedianer Achim hatte sich ja einige portugiesische Autoren gewuenscht, wenn ich doch schon das Fach "Portugiesische Literatur" habe. Entstanden ist jezt ein kleiner, magerer Stub zu Mário-Henrique Leiria. Das ist der Schriftsteller, zu dem ich etwas im Unterricht erzaehlt hatte. Selbst die portugiesischen Quellen geben nicht allzu viel her - deutsche Quellen gibt es gar nicht. Nungutknut, achja, der Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Mário-Henrique_Leiria

So, am Mittwoch habe ich dann eine neue Portugiesisch-Nachhilfe-Lehrerin bekommen, weil die andere irgendwie jetzt immer verhindert ist - so ganz habe ich das nicht verstanden. Jedenfalls meine neue Lehrerin sehr nett und kompetent - es ist gleichzeitig meine Englischlehrerin. Sie hat mir nun eroeffnet, dass sie mir in den naechsten Wochen Figueira zeigen wird. Einerseits, weil ich sonst aus meinem Dorf nicht rauskaeme - wie wahr, wie wahr - andererseits muesste ich doch mind. die Sehenswuerdigkeiten mal gesehen haben. Darauf freue ich mich schon sehr. Gleichzeitig habe ich am Mittwoch nun meinen "Counsellor" kennengelernt. Ein Counsellor ist ein Freiwilliger meiner Austauschorganisation, der immer fuer den Austauschstudenten mindestens telefonisch erreichbar ist. Mein Counsellor ist Jet, eine hollaendische Englischllehrerin, die an der Schule arbeitet, in der meine Gastmutter Koechin ist. Jet lebt sein, wenn ich das richtig verstanden habe, 18 Jahren in Portugal und ist eigentlich sehr gluecklich hier. Sie kann ziemlich gut Englisch, sodass wir mehr Englisch gesprochen haben, auch wenn sie sehr von meinem Portugiesisch - nach einem Monat - beeindruckt war. Ein Gebauchtpinseln-sein konnte ich mir da nicht verkneifen :)

So, nun werde ich mal sehen, was die naechsten Tagen machen. Morgen schreibe ich meinen ersten Englisch-Test ueber Wetter und Passive Voice, wie das wohl wird? Die Waagen zeigt derweil bedrohliche Zahlen an, Jet hat mir aber gesagt, es gaebe hier auch eine Schwimmbad, das auch Training anbietet. Das waere wirklich was fuer mich. Bis bald und até breve --Cornelius

-------
Nachtrag: Um die portugiesische Fussballehre zu retten, hat Nuno Gomes in der 91. doch noch ein Tor geschossen, sodass es am Ende 1:2 stand. Naja, Polska, Polska..

... link (1 Kommentar)   ... comment


Freitag, 6. Oktober 2006
Regen, Test, Care-Paket & Aveiro
Diese Woche begann bereits sehr aufregend. Am Montag schuettete es wie aus Kuebeln, auf dem 5-Minuten-Weg zwischen Schule und Busbahnhof wurde ich von oben bis unten komplett nass. Der Regen verschlimmerte sich immer mehr, sodass bald die ersten Strassen unter Wasser standen. Mein Bus, der ja normalerweise 45 Minuten bis zu meinem Dorf braucht, war diesmal mindestens eine Stunde unterwegs, da ueberall Aquaplaninggefahr bestand und so der Bus extrem langsam fahren musste. *uff*

Am Dienstag habe ich dann meine erste Klassenarbeit/Test/wasauchimmer im Fach Latein geschrieben. Normalerweise waere diese Sache gar nicht so schwer fuer mich gewesen, schliesslich habe ich ja bereits sechs Jahre Latein. Der Haken an der Geschichte ist jedoch, dass ich den betreffenden lateinischen Text ins Portugiesische uebersetzen musste. Dabei kommt mir auch nicht gerade zur Hilfe, dass der portugiesische Lateinwortschatz ein ganz anderer als der deutsche ist, sodass ich nicht jedes Wort wusste. Naja, ich hoffe mal, dass die Arbeit nicht schlechter als "eine 10" wird. Das Notensystem in der portugiesischen Sekundarstufe II geht von der schlechtesten Zensur, der 0, die eigentlich nie vergeben wird, bis zur 20, die auch sehr selten vergeben wird.

Am Dienstag kam dann aber auch noch etwas anderes: Endlich ist meine Kamera da - jetzt kann ich Fotos machen! :-)Endlich ist das schwer ersehnte Care-Paket meiner lieben Mutter aus Berlin angekommen, d.h. ein Paeckchen aus Deutschland hierher braucht etwa eine Woche. Im Paeckchen selbst war unter anderem meine ebenso ersehnte Kamera, damit kann ich nun endlich viele Fotos machen (auch wenn das Ladekabel noch fehlt, da muss ich noch mal reklamieren ;), die aktuelle NEON-Ausgabe [1], eine Jeans, ein Mathebuch der zehnten Klasse und drei CDs mit meinen Lieblingssongs. Ach, endlich konnte ich nun wieder "Wir Sind Helden", "Beatles" und "Lemon Tree" hoeren.

Am Donnerstag nun ist in Portugal Feiertag, sodas ich auch keine Schule habe. Gefeiert wird hier "Proclamação da Republica 1910" (Proklamation der Republik 1910). Tote Enten Aber die Nachrichten berichteten gerade, dass nur wenige Portugiesen wissen, wieso sie eigentlich heute frei haben. Ausserdem betrifft es sowieso nicht alle, viele Geschaefte hatten heute dennoch offen. Meine Gastmutter Carmen nutzte die Zeit, die sie zu Hause verbrachte, und schlachtete erstmal an die fuenf bis sieben Enten - das war vielleicht ein Blutbad. Sie konnte ueberhaupt nicht verstehen, wieso ich das nicht sehen mochte. Dann kam natuerlich die Argumentation "Willst du deine Kartoffeln mit oder ohne Fleisch essen?". ...
Meine Gastschwester Milene und Ich haben dann am Nachmittag einen Ausflug ins nur etwa fuenfzig Kilometer entfernte Aveiro. Zwischendurch haben wir noch einen Abstecher nach Costa Nova gemacht. Dieses Dorf ist vor allem durch die Architektur seiner Haeuser bekannt. Viele Haeuschen haben hier vertikalene Streifen entweder in der Farbe Rot, Gruen, Blau oder Gelb. Manchmal erinnert das ein bisschen an einem Mix aus litauischem und schwedischem Stil. Sonst war dort eigentlich nichts besonderes, nur das halt viele Menschen unterwegs waren, weil heute Feiertag war.

In Aveiro selbst hat mich Milene dann durch die Stadt gefuehrt, in der sie aufgrund ihres Studiums fuenf Jahre gelebt hat. Der alte Bahnhof von Aveiro Begonnen haben wir in der Altstadt, die mich doch eher an ein kleines Labyrinth erinnert hat, quasi jede Strasse sah irgendwie alt und gleich aus. Dafuer sah man aber auch an vielen Haeusern die beruehmten Azulejos, blaue Fliesenbilder, die meist irgendwelche Heiligen zeigen. Ob nun São Antonio oder São João - sie unterschieden sich eigentlich nur durch dem Umfang ihres Heiligenscheins. Die naechst Etappe war dann der Bahnhof, den ich mir gewuenscht hatte, den Milene aber auch so gezeigt haette. Die Station besitzt zwei Bahnhofsgebaeude: einmal das alte mit Fliesenbildern versehene und einmal den Neubau mit unterirdischem Tunnel zu den verschiedenen Bahnsteigen. Das alte Bahnhofsgebaeude ist wirklich sehenswert und kann ich jedem Aveiro-Besucher nur empfehlen. Selbstverstaendlich musste ich dann noch ein paar Fotos von den Vorortzuegen und den Bahnsteigen machen.
Nach dem Bahnhof sind wir weiter durch die Stadt gewandert und haben uns dies und jenes angeschaut. Milene hat mir erzaehlt, das Aveiro manchmal auch das portugiesische Venedig genannt wird, da die Stadt mehrere Kanaele besitzt. Diese Bezeichnung fand ich stark uebertrieben - aber nun gut. Aber zumindest viele schoen geschmueckte Bruecken besitzt die Stadt. Zwei Dinge die mir auffielen: Sehr beliebt sind dort die so genannten "Buga"-Fahrraeder. Buga steht fuer "bicicleta de utilização gratuita de Aveiro" zu Deutsch "kostenlose Fahrradbenutzung von Aveiro". Es gibt derlei mehrere Fahrradstaende in der Stadt wo man sich einfach eines der gruenen Raeder nehmen und einfach losfahren kann. Ich find das eine sehr gute Idee, die irgendwie gar nicht dem portugiesischen Typ - Auto, Auto, Auto - entspricht. Die andere Sache, die mir aufgefallen ist, waren die aveirensischen Boote. Eine "schweinische" Zeichnung auf einem BootViele kleinen Boetchen schwimmen in den Kanaelen rum, am beiden Enden sind diese Schiffchen mit Zeichnung versehen. Ich habe Milene bei einer Zeichnung+Text gefragt, was sie denn bedeutet, zufaellig habe ich wohl eine "schweinische" Version erwischt. Das Bild zeigte eine Kartoffelfeld mit einem Mann und einer Frau. Darunter stand dann zu Deutsch: "Steck die Kartoffeln in die Saatfelder" (also die langgestreckten, schmalen Gruben). Das portugiesische Wort dafuer bedeutet aber gleichzeitig "Hintern", sodass der Spruch auch bedeuten kann "Steck die Kartoffeln in den Hintern". *huestel* Nun gut.

Im Anschluss zeigte mir Milene dann noch "ihre" Universitaet von Aveiro. Der Campus ist fuer mich - der ja auch die Freie Universitaet von Berlin kennt - nun nicht der groesste, war aber ansprechend gestaltet. Jedes Gebaeude besteht aus Ziegelsteine, sodass man sofort erkennen kann, welches Gebauede zur Uni gehoert und welches nicht. Die Ziegelbauten sind aber sehr modern und (sollen) den hochsten Anspruechen entsprechen. Am Ende fande ich dann aber auch die zahlreichen Ziegelbauten der verschiedenen Fakultaeten etwas monoton. Nach dem Uni-Abstecher ging es dann nach Hause. Ein sehr schoener Tag.

Mal sehen, was mich in den naechsten Tage und Wochen erwartet. Am Wochenende des 21/22 Oktobers ist das erste "Camp" meiner Austauschorganisation. Dort sehe ich dann die Haelfte der Schueler wieder und darf sehen, ob ihr Portugiesisch besser ist als meines ;) Viele Gruesse und até breve --Cornelius

------
Fussnote [1]: Ja, ich weiss, NEON ist vom Stern und der Stern ist bloed. Aber das Neon-Magazin ist (derzeit) eine der wenigen Zeitschriften im deutschsprachigen Raum, die mich gleichzeitig interessiert und - das ist wichtig - bezahlbar ist. Da akzeptiere ich auch, dass Neon vom Stern ist..

... link (2 Kommentare)   ... comment