Freitag, 16. März 2007
Kleine Beochbachtungen III
jcornelius, 18:37h
Olá, da in dieser Woche ausser einem grauenhaften Mathetest nichts besonderes passiert ist, schreibe ich diese Woche etwas ueber meine Beobachtungen, die ich in Portugal mache.
Laut einer Studie gehoert Portugal - nicht zu Unrecht uebrigens - zum zweitpatriotistischen Land der Welt, nach den USA. Wie auch immer man Patriotismus misst, halte ich das fuer nicht falsch. Die portugiesische Flagge, oben im Titel meines Blogs zu sehen, ist quasi heilig und darf nicht beschmutzt werden (kein Scherz). Besonders seit der WM 2006, als Scolari, der Trainer der portugiesischen Fussballnationalmannschaft (selecção), die Portugiesen aufgerufen hat hinter der Mannschaft zu stehen und das mit dem Hissen der Flagge zu zeigen, sind die Portugiesen erst recht in einem Flaggenwahn. Ueberall, wirklich nahezu an jedem Haus, sehe ich eine portugiesische Fahne, die, uebrigens, das Wappen des frueheren portugiesischen Koenigshauses zeigt. Auch am Haus meiner Familie war eine Flagge gehisst, meine Familie hat sich aber abgenommen, da sie im Winter geschont werden muesste...
Ich schrieb ja bereits in einem anderen Bericht etwas ueber das stetige Minderwertigkeitsgefuehl (senção da inferioridade) der Portugiesen, seitdem sie seit der Entdeckerzeit (ja, lang ists her), nicht mehr Grossnation Portugal sind. Deswegen versucht man soviel Portugal wie moeglich in die Nachrichten zu "stecken" und gibt sich nur mit etwa zehn Minuten anderer Nachrichten ab, also die, die in der deutschen Tagesschau etwa 75 % des Inhalts darstellen. Das merke ich besonders beim Sportteil. Weiss jemand wie der Trainer vom Londoner Fussballclub Chelsea (ja, der Club, wohin Ballack emigriert ist)? Ich wusste es nicht, muss ich gestehen, aber hier erfaehrt man sowas, denn der Trainer heisst José Mourinho und ist - natuerlich - Portugiese. Das hat zur Folge, dass die portugiesischen Nachrichten jedes, wirklich jedes Spiel des FC Chelsea verfolgen, sei es auch nur eine langweilige Partie gegen, wer weiss, Portsmouth oder Tottenham. Gleiches gilt natuerlich auch noch fuer Manchester United, denn dort spielt einer der portugiesischen Nationalhelden, Cristiano Ronaldo. Komischerweise ist er bei den Maedchen nicht ganz so beliebt wie in Deutschland (ich erinnere mich noch an die WM als die Maedchen meiner Klasse laut aufschrien als er eingewechselt wurde..). Dennoch, auch die Spiele von ManU werden haargenau verfolgt.
Das fuehrt mich schon zu einem anderen Punkt: Auswanderer. Portugiesen sind, das war mir gar nicht so bewusst, ein grosses Auswanderervolk. Portugiesen wandern com vontade (mit Lust und Laune) vor allem nach Frankreich (frança) oder Luxemburg (Luxemburgo, lies Luschenburgo) aus. Das fuehrte mich bereits in den ersten Monaten zu der Annahmen, die mir bisher noch nicht wiederlegt wurde, das jeder Portugiese einen Verwandten/Bekannten in Luxemburg hat. Meine Familie hat irgendwelche Geschenke zu Weihnachten nach Luxemburg geschickt, in der Schule waren viele schon in Luxemburg und meinen dann Deutsch zu koennen, auch wenn ich immer wieder sagen, dass Lëtzebuergesch und Deutsch nicht das gleiche sind. Andersherum, gibt es in Portugal auch sehr viele Einwanderer, besonders aus den alten Kolonien Portugals. So sieht man oft Afrikaner (die koennen aus Angola, Moçambique, Guiné, São Tome e Principe oder Cap Verde kommen), ich erinnere auch noch mal daran, dass der Priester in der Nachbargemeinde aus Angola kommt... Lustig war aber auch einmal eine typische Umfrage des portugiesischen Erziehungsministeriums in meiner Matheklasse, wo herauskam, das etwa die Haelfte der Eltern meiner Mitschueler in Angola geboren sind.
Eine andere Sache ist aber auch noch ganz interessant: die Jugend-SMS-Sprache. Das man in Deutschland bei SMS abkuerzt, ist ja keine Frage, eine SMS ist ja nicht unendlich. Im Deutschen kann man, meiner Meinung zumindest, nicht soviel an den Worten herumaendern, da sonst bald der Sinn verloren geht. Portugiesisch hat, zumindest in normalen Sprachgebrauch, aber einen erheblich geringeren Wortschatz, sodass die Auswahl der Worte nicht so gross ist. Das fuehrt dazu, dass die SMS teilweise extrem verstuemmelt und fuer einen Uneingeweihten wie unverstaendlicher Buchstabensalat aussehen. Mal ein Beispiel:
* Que achas? Podes-me buscar na sexta-feira depois da escola? Se não, não faz mal, mas não gosto do autocarro. (normales Portugiesisch)
In SMS-Abkuerzung sieht das dann wie folgt aus:
* K axax? Podxm buskar na 6a dp da xkola? S ñ, ñ faz mal, ms ñ goxto d autocarro
Auf Deutsch heisst der Satz uebrigens Was denkst du? Kannst du mich am Freitag nach der Schule abholen? Wenn nein, macht nichts, aber ich mag den Bus nicht sehr. Es faellt auf, dass die portugiesische Jugendliche sehr gerne das "c" durch das "k" (kappa) und den "sch"-Laut durch ein "x" (schisch) ersetzen. Diese "Sprache" zu lernen hat schon etwas gebraucht, inzwischen beherrsche ich sie ganz gut, auch wenn ich sie fast nie benutze...
Zum Abschluss noch eine andere Sache betreffend Jugend hier. In den USA ist bekanntlich MySpace extrem bekannt und genutzt. Gleiches gibt es aber auch in Porgual, hier heisst es hi5 (englisch ausgesprochen) und ist wirklich zu einem notwendigem Mittel der sozialen Integration geworden. Man braucht, normalerweise, ein hi5-Seite, um auch in der Schule, zumindest bei einem bestimmten Teil von Jugendlichen, akzeptiert zu werden. Eine hi5-Seite beinhaltet den ueblichen Schnickschnack von Lieblingsfarbe bis Lieblingszitat, Groesse, Gewicht, single oder vergeben, etc., etc. Dazu kann man dann noch Fotos von sich reinstellen sowie Musik und Videos hochladen. Zum typischen MySpace-Prinzip gehoert aber natuerlich, ohne das geht es nicht, die "Freunde"-Funktion. Jeden Seite einer Person hat den "Amigo"-Button, damit verlinkt man die Person auf seiner eigenen Seite und erhoeht somit die "Freunde"-Zahl. Normale hi5-User meiner Schule haben auf diese Weise zwischen 300 und 400 "Freunde", wobei ich behaupte, mindestens die Haelfte der Personen kennen sich nicht gegenseitig.
Beijinhos, até breve, xau, xauzão, --Cornelius
P.S.: Auf besonderen Wunsch hier noch Fotos von meiner Gastfamilie:
Carmen, meine Gastmutter
Milene, meine Gastschwester
Vitor, mein Gastvater
und Miguel, mein Gastbruder
Laut einer Studie gehoert Portugal - nicht zu Unrecht uebrigens - zum zweitpatriotistischen Land der Welt, nach den USA. Wie auch immer man Patriotismus misst, halte ich das fuer nicht falsch. Die portugiesische Flagge, oben im Titel meines Blogs zu sehen, ist quasi heilig und darf nicht beschmutzt werden (kein Scherz). Besonders seit der WM 2006, als Scolari, der Trainer der portugiesischen Fussballnationalmannschaft (selecção), die Portugiesen aufgerufen hat hinter der Mannschaft zu stehen und das mit dem Hissen der Flagge zu zeigen, sind die Portugiesen erst recht in einem Flaggenwahn. Ueberall, wirklich nahezu an jedem Haus, sehe ich eine portugiesische Fahne, die, uebrigens, das Wappen des frueheren portugiesischen Koenigshauses zeigt. Auch am Haus meiner Familie war eine Flagge gehisst, meine Familie hat sich aber abgenommen, da sie im Winter geschont werden muesste...
Ich schrieb ja bereits in einem anderen Bericht etwas ueber das stetige Minderwertigkeitsgefuehl (senção da inferioridade) der Portugiesen, seitdem sie seit der Entdeckerzeit (ja, lang ists her), nicht mehr Grossnation Portugal sind. Deswegen versucht man soviel Portugal wie moeglich in die Nachrichten zu "stecken" und gibt sich nur mit etwa zehn Minuten anderer Nachrichten ab, also die, die in der deutschen Tagesschau etwa 75 % des Inhalts darstellen. Das merke ich besonders beim Sportteil. Weiss jemand wie der Trainer vom Londoner Fussballclub Chelsea (ja, der Club, wohin Ballack emigriert ist)? Ich wusste es nicht, muss ich gestehen, aber hier erfaehrt man sowas, denn der Trainer heisst José Mourinho und ist - natuerlich - Portugiese. Das hat zur Folge, dass die portugiesischen Nachrichten jedes, wirklich jedes Spiel des FC Chelsea verfolgen, sei es auch nur eine langweilige Partie gegen, wer weiss, Portsmouth oder Tottenham. Gleiches gilt natuerlich auch noch fuer Manchester United, denn dort spielt einer der portugiesischen Nationalhelden, Cristiano Ronaldo. Komischerweise ist er bei den Maedchen nicht ganz so beliebt wie in Deutschland (ich erinnere mich noch an die WM als die Maedchen meiner Klasse laut aufschrien als er eingewechselt wurde..). Dennoch, auch die Spiele von ManU werden haargenau verfolgt.
Das fuehrt mich schon zu einem anderen Punkt: Auswanderer. Portugiesen sind, das war mir gar nicht so bewusst, ein grosses Auswanderervolk. Portugiesen wandern com vontade (mit Lust und Laune) vor allem nach Frankreich (frança) oder Luxemburg (Luxemburgo, lies Luschenburgo) aus. Das fuehrte mich bereits in den ersten Monaten zu der Annahmen, die mir bisher noch nicht wiederlegt wurde, das jeder Portugiese einen Verwandten/Bekannten in Luxemburg hat. Meine Familie hat irgendwelche Geschenke zu Weihnachten nach Luxemburg geschickt, in der Schule waren viele schon in Luxemburg und meinen dann Deutsch zu koennen, auch wenn ich immer wieder sagen, dass Lëtzebuergesch und Deutsch nicht das gleiche sind. Andersherum, gibt es in Portugal auch sehr viele Einwanderer, besonders aus den alten Kolonien Portugals. So sieht man oft Afrikaner (die koennen aus Angola, Moçambique, Guiné, São Tome e Principe oder Cap Verde kommen), ich erinnere auch noch mal daran, dass der Priester in der Nachbargemeinde aus Angola kommt... Lustig war aber auch einmal eine typische Umfrage des portugiesischen Erziehungsministeriums in meiner Matheklasse, wo herauskam, das etwa die Haelfte der Eltern meiner Mitschueler in Angola geboren sind.
Eine andere Sache ist aber auch noch ganz interessant: die Jugend-SMS-Sprache. Das man in Deutschland bei SMS abkuerzt, ist ja keine Frage, eine SMS ist ja nicht unendlich. Im Deutschen kann man, meiner Meinung zumindest, nicht soviel an den Worten herumaendern, da sonst bald der Sinn verloren geht. Portugiesisch hat, zumindest in normalen Sprachgebrauch, aber einen erheblich geringeren Wortschatz, sodass die Auswahl der Worte nicht so gross ist. Das fuehrt dazu, dass die SMS teilweise extrem verstuemmelt und fuer einen Uneingeweihten wie unverstaendlicher Buchstabensalat aussehen. Mal ein Beispiel:
* Que achas? Podes-me buscar na sexta-feira depois da escola? Se não, não faz mal, mas não gosto do autocarro. (normales Portugiesisch)
In SMS-Abkuerzung sieht das dann wie folgt aus:
* K axax? Podxm buskar na 6a dp da xkola? S ñ, ñ faz mal, ms ñ goxto d autocarro
Auf Deutsch heisst der Satz uebrigens Was denkst du? Kannst du mich am Freitag nach der Schule abholen? Wenn nein, macht nichts, aber ich mag den Bus nicht sehr. Es faellt auf, dass die portugiesische Jugendliche sehr gerne das "c" durch das "k" (kappa) und den "sch"-Laut durch ein "x" (schisch) ersetzen. Diese "Sprache" zu lernen hat schon etwas gebraucht, inzwischen beherrsche ich sie ganz gut, auch wenn ich sie fast nie benutze...
Zum Abschluss noch eine andere Sache betreffend Jugend hier. In den USA ist bekanntlich MySpace extrem bekannt und genutzt. Gleiches gibt es aber auch in Porgual, hier heisst es hi5 (englisch ausgesprochen) und ist wirklich zu einem notwendigem Mittel der sozialen Integration geworden. Man braucht, normalerweise, ein hi5-Seite, um auch in der Schule, zumindest bei einem bestimmten Teil von Jugendlichen, akzeptiert zu werden. Eine hi5-Seite beinhaltet den ueblichen Schnickschnack von Lieblingsfarbe bis Lieblingszitat, Groesse, Gewicht, single oder vergeben, etc., etc. Dazu kann man dann noch Fotos von sich reinstellen sowie Musik und Videos hochladen. Zum typischen MySpace-Prinzip gehoert aber natuerlich, ohne das geht es nicht, die "Freunde"-Funktion. Jeden Seite einer Person hat den "Amigo"-Button, damit verlinkt man die Person auf seiner eigenen Seite und erhoeht somit die "Freunde"-Zahl. Normale hi5-User meiner Schule haben auf diese Weise zwischen 300 und 400 "Freunde", wobei ich behaupte, mindestens die Haelfte der Personen kennen sich nicht gegenseitig.
Beijinhos, até breve, xau, xauzão, --Cornelius
P.S.: Auf besonderen Wunsch hier noch Fotos von meiner Gastfamilie:
Carmen, meine Gastmutter
Milene, meine Gastschwester
Vitor, mein Gastvater
und Miguel, mein Gastbruder
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